Mittwoch, September 14, 2005

racism & capitalism: a reply

mit meiner aussage über das verhältnis von rassismus und kapitalismus habe ich clemens reaktion (clemenska) ja beinahe herausgefordert. soll sein, im folgenden meine replik:

eine verbindung zwischen rassismus und kapitalismus hab ich mit keinem wort in abrede gestellt. sie ist tatsächlich ein faktum. ich habe nur gesagt, dass kapitalismus sowohl rassismus-verstärkende als auch rassismus-vermindernde auswirkungen hat. und nur weil rassismus in einem kapitalistischen system vorkommt, ist das kapitalistische system noch lange nicht die ursache dafür. tatsächlich ist die kapitalistische produktionsweise ein modulator von phänomenen wie rassismus, sexismus & co.

ein beispiel: kapitalistische produktionsformen begünstigen meritokratische elemente. das erhöht in den derzeitigen industrieländern die wahrscheinlichkeit, dass auch die kinder ärmerer, schlechter ausgebildeter menschen weiterhin arm bleiben werden (auf grund schlechter ausbildungsmöglichkeiten, sozio-kulturellen barrieren etc.). gleichzeitig wird es aber einzelnen möglich, klassengrenzen zu überspringen (wie gesagt: nur einzelnen, und auch ihnen gelingt es selten zur gänze, wie Bordieu in seinem werk "Die feinen Unterschiede" sehr schön gezeigt hat). für menschen mit dunkler hautfarbe bedeutet das, dass der kapitalismus ihre schlechte position (als gruppe) tendenziell verfestigt. umgekehrt bekommen aber zumindest einzelne die gelegenheit, aufzusteigen. kein gerechter zustand. aber doch verschieden zu feudalistischen gesellschaften, die nicht einmal einzelnen einen aufstieg ermöglicht haben. der vorhandene rassismus wird eben nicht vom kapitalismus erzeugt, er wird nur beeinflusst. (eine - sehr spekulative - vermutung meinerseits ist sogar, dass mit zunahme meritokratischer strukturen ein gewisser druck entsteht, "unwirtschaftliche verschwendung von humanressourcen", wie sie durch rassismus und sexismus passiert, tendenziell abzubauen.)

das problem bei clemens argumentation ist, dass es phänomene wie rassismus, sexismus und ökologische ausbeutung tendenziell auf den status eines "nebenwiderspruchs" reduziert und das ist einfach falsch. selbst bei einer (utopischen) überwindung der kapitalistischen produktionsweise blieben sämtliche dieser probleme (wenn auch in veränderter form) bestehen. ich plädiere daher dafür, diese phänomene innerhalb des kapitalistischen system mittels geeigneter reformen und maßnahmen zu bekämpfen. dass dieser kampf teilweise eine (gesetzliche) beschränkung/regelung der kapitalistischen produktionsweise bedeuten muss, ist kein widerspruch sondern entspricht dem konzept einer sozialen marktwirtschaft. das beispiel der ökologie hat bewiesen, dass das in großem maße und mit großem erfolg möglich ist (auch wenn der kampf für eine nachhaltige wirtschaft noch lange nicht gewonnen ist).

1 Kommentar:

ClemensKa hat gesagt…

1. Die Fehlargumentation bei dir ist, dass du mit einem "theoretischen Kapitalismus" arbeitest, also mit einer Denkversion von Kapitalismus, die mit der aktuellen Praxis nicht unbedingt was zu tun haben muss. Das ist idealistisch, nicht materialistisch.

2. Das ich Rassismus als "Nebenwiderspruch" argumentiert haette stimmt nicht, ich habe argumentiert, dass sie verwoben sind und Kapitalismus eine spezifische Auspraegung - naemlich die jetzige - von Rassismus erzeugt hat.

3. Deine Argumentation von Rassismus ist ahistorisch. Dem widersprechend argumentiere ich, dass Rassismus heute anders funktioniert als in anderen Perioden.

Aber ich werd das ueberlegen und nachher antworten.